Die systemische Sklerose (SSc) ist eine sehr seltene rheumatische Erkrankung. In der Schweiz sind schätzungsweise 2500 Menschen davon betroffen. Bei der SSc greift das körpereigene Immunsystem das Bindegewebe an und löst dadurch eine Entzündungsreaktion aus. Parallel verändern sich die kleinen Blutgefässe. In der Folge verhärtet sich die Haut. Auch innere Organe wie der Magen-Darm-Trakt, die Lungen, die Nieren oder das Herz können betroffen sein. Die Vielzahl an Symptomen und die Beteiligung verschiedener Organsysteme können die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen.
Eine besonders häufige und schwere Komplikation bei SSc ist die sogenannte interstitielle Lungenerkrankung (ILD): Die Fibrosierung der Lunge kann zu einem fortschreitenden Rückgang der Lungenfunktion führen, der einen Verlust der körperlichen Funktionsfähigkeit und einen frühzeitigen Tod zur Folge haben kann. Aktuell stehen für die Behandlung der SSc Medikamente zur Verfügung, die das Immunsystem dämpfen (sogenannte Immunsuppressiva). Allerdings profitieren in der heterogenen Gruppe von SSc-Patientinnen und -Patienten nicht alle gleichermassen von immunsuppressiven Therapien, und es ist schwierig vorherzusagen, wer auf die Behandlung ansprechen wird und wer nicht.
Entzündungsmarker zur Vorhersage des Krankheitsverlaufs
Studien deuten darauf hin, dass der Entzündungsmarker CRP (C-reaktives Protein), der in Routine-Blutanalysen standardmässig erhoben wird, zur Vorhersage des Krankheitsverlaufs bei SSc-Patientinnenund -Patienten eine bedeutende Rolle spielt. So weisen SSc-Betroffene mit einer entzündlichen Ausprägung, d.h. mit erhöhtem CRP-Wert, häufiger eine höhere Krankheitsaktivität, eine schlechtere Lungenfunktion und eine erhöhte Sterblichkeit auf als SSc-Betroffene ohne Entzündung. Bis heute ist jedoch unklar, ob der CRP-Wert auch zur Vorhersage des Therapieansprechens von Nutzen ist. Es könnte sein, dass Patientinnen und Patienten mit einer entzündlichen SSc besser auf eine immunsuppressive Therapie ansprechen als Betroffene ohne entzündliche Ausprägung.
Interdisziplinäre Studie zum Einfluss des CRP-Werts auf Therapieerfolg
Dieser Annahme ging ein interdisziplinäres Forschungsteam unter der Leitung von Frau PD Dr. med. Sabina Guler, Leitende Ärztin der Universitätsklinik für Pneumologie und Allergologie am Inselspital nach. In einer kürzlich in der Fachzeitschrift «Thorax» veröffentlichten Studie untersuchte die Forschungsgruppe, ob Patientinnen und Patienten mit SSc-ILD und einem anhaltend erhöhten CRP-Wert nicht nur eine höhere Krankheitsaktivität aufweisen, sondern auch besser auf eine immunsuppressive Therapie ansprechen als Patientinnen und Patienten ohne anhaltende Entzündung.
Dazu analysierten die Forschenden Daten von SSc-Betroffenen, die in der European Scleroderma Trials and Research Group (EUSTAR) -Datenbank erfasst sind. Die EUSTAR-Datenbank ist ein internationales Register, das 2004 gegründet wurde und laufend Daten von Patientinnen und Patienten mit SSc sammelt. Die Forschenden untersuchten Daten von knapp 3000 Patientinnen und Patienten mit SSc und über 1100 mit SSc-ILD. Dazu teilten sie die Patientinnen und Patienten anhand ihres CRP-Wertes in verschiedene Gruppen ein (anhaltend-entzündlich, intermediär, nicht-entzündlich) und verglichen die Krankheitsverläufe zwischen den Gruppen unter Berücksichtigung der Therapie (mit oder ohne immunsuppressive Behandlung).
Immunsuppressive Therapien: Nutzen bei anhaltender Entzündung
Die Ergebnisse zeigen, dass eine Gruppierung der Patientinnen und Patienten anhand ihres CRP-Wertes wertvolle Informationen zur Vorhersage des Krankheitsverlaufs und des Therapieansprechens liefert. So weisen Betroffene mit einer anhaltend-entzündlichen SSc Anzeichen einer schwereren ILD und ein sechsfach höheres Sterberisiko auf. Zudem zeigt sich in dieser Gruppe, dass immunsuppressive Therapien zu einer Stabilisierung der Krankheit führen, während dies bei Patientinnen und Patienten ohne Entzündung nicht der Fall ist. SSc-ILD-Betroffene mit einer anhaltenden Entzündung haben somit zwar eine deutlich schlechtere Krankheitsprognose als solche ohne anhaltend hohe Entzündungswerte; im Gegensatz zu Betroffenen ohne Entzündung profitieren sie aber von einer immunsuppressiven Behandlung. Darüber hinaus zeigen die Analysen, dass wiederholte CRP-Messungen genauer sind bei der Abschätzung des Krankheitsverlaufs als einzelne CRP-Werte.
Routinemässige CRP-Messungen im klinischen Alltag
Gemäss den Studienautoren sollten diese Ergebnisse in der Klinik Diskussionen darüber anregen, ob der Einsatz immunsuppressiver Therapien bei Patientinnen und Patienten mit und ohne anhaltend-entzündlicher SSc-ILD gleichermassen angezeigt ist. «Die Resultate deuten darauf hin, dass routinemässige CRP-Messungen hilfreich sein könnten, um den Krankheitsverlauf und das Therapieansprechen in den verschiedenen Krankheitsuntergruppen besser abzuschätzen», erklärt die Forschungsleiterin Sabina Guler. So könnten die Ergebnisse dieser Studie den Weg für verbesserte Therapieansätze bei Patientinnen und Patienten mit SSc ebnen. In einem nächsten Schritt soll deshalb die Einführung der Kategorisierung anhand des CRP-Wertes im klinischen Alltag weiter untersucht werden.
Links
- Universitätsklinik für Pneumologie und Allergologie, Inselspital, Universitätsspital Bern
- Universitätsklinik für Rheumatologie und Immunologie, Inselspital, Universitätsspital Bern
Publikation
Guler, S., Sarbu, A.-C., Stalder, O. et al. Phenotyping by persistent inflammation in systemic sclerosisassociated interstitial lung disease: a EUSTAR database analysis. Thorax. 2023 Oct 5:thorax-2023-220541. doi: 10.1136/thorax-2023-220541
Expertin
- PD Dr. med. Sabina Guler, Leitende Ärztin, Universitätsklinik für Pneumologie und Allergologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, und Universität Bern